Ostern in den Sümpfen von Kahamba

Osternnacht


„Malawi“ heißt ein kleiner Ort in den Sümpfen von Kahamba in Sambia. Hier hatte sich jemand aus Kasanka niedergelassen, der eigentlich bis in den Nachbarstaat „Malawi“ gehen wollte. Aber der Weg war ihm zu lang geworden. So baute er sich hier eine bescheidene Hütte mitten auf einer Insel im Sumpf und nannte den Ort „Malawi“. An Ostern wird die Insel zu einem zentralen Versammlungsort für die Christen ringsum.



Am Rand der Sümpfe ist die Autofahrt zu Ende. Pater Bernhard Udelhoven lässt seinen Pickup im Hof einer christlichen Familie zurück. Vor Jahren konnte die Fahrt noch weitergehen bis zum Dorf Malawi. Das geht heute nicht mehr. Die von den Chinesen gebaute Brücke liegt jetzt mehr als einen Meter versunken unter dem Wasserspiegel. Wie früher ist ein Boot die einzige Verbindung zur Insel in den Sümpfen von Kahamba. Was der Pater dabei hat für die vier Tage im Ostercamp in Malawi, tragen eifrige Helfer auf dem Kopf zur Fähre. Nach einer halben Stunde hat der Fährmann die schon wartenden Kunden zum gegenüberliegenden Ufer gefahren und gleich von dort wieder andere mitgebracht mitsamt ihrer Lasten und Fahrräder.
Schließlich ist der Pater an der Reihe. Auf der anderen Seite erwarten ihn schon ein paar Helfer. Schlafsack und Messkoffer werden auf Fahrräder geschnallt und voraus gebracht. Der Missionar geht die sechs Kilometer zu Fuß, einige junge Leute begleiten ihn. Der schmale Pfad führt an vielen kleinen Ansiedlungen vorbei. Überall wird der Pater herzlich begrüßt. Manche Leute rufen schon von weitem: „Father Benati, Father Benati“ und kommen gelaufen, um seine Hand zu schütteln. In der Pfarrei Kasanka hat Pater Bernhard seine ersten Jahre als junger Missionar und Kaplan verbracht. Hier hat er die Sprache der Leute, das „Chibemba“, gelernt. Das Dorf Malawi auf dieser Insel gehört zu der Pfarrei. An den großen kirchlichen Feiertagen kommt Pater Bernhard gern hierher. Dann kann er das Institut FENZA, das er in Lusaka leitet, für einige Tage hinter sich lassen und wieder ganz nahe bei „seinen Leuten“ sein.

Ostern gemeinsam erleben
Jedes Jahr veranstaltet die Pfarrei Kasanka so genannte Ostercamps an mehreren Orten der riesigen Pfarrei. Eines davon ist in Malawi, wo 500 Katholiken am Camp teilnehmen. Für die Kar- und ­Ostertage kommen sie aus ihren verstreuten Siedlungen in den Sümpfen zusammen. Die meisten sind in ihren Kanus gekommen. Rund um den Versammlungsort haben sie unter Moskitonetzen ihre Schlafplätze eingerichtet, Verpflegung und Schlafmatten dort abgelegt. Drei Steine vor dem Netz dienen als Kochgelegenheit.
Die Katechisten und Gemeindeleiter haben gute Arbeit geleistet, alles ist für die Feiertage vorbereitet. Das Gelände für die Gottesdienste ist hergerichtet, ein Altar aufgebaut, dahinter ein Sonnenschutz mit einem Grasdach für den Pater und die Messdiener. Ein kleiner Generator wird am Abend elektrischen Strom liefern für ein paar Lampen, die an Stangen befestigt sind und um die Dunkelheit ein wenig zu erhellen.
Der Chor und die Musikanten üben noch die Lieder und der Ablauf der Liturgie der kommenden Tage muss noch einmal mit Pater Bernhard durchgesprochen werden. Für den Pater bleibt wenig Zeit. Seine Sachen sind in einem Haus abgelegt worden, er geht gleich zum Versammlungsplatz, dort warten schon viele Leute, die zur Beichte gehen wollen.

Gründonnerstag
Die Gründonnerstagsfeier beginnt als die Sonne untergeht. Rund um den Platz sitzen die Gläubigen auf dem Boden, die Kinder vorne, dahinter die Jugendlichen, dann die Frauen und Männer. An einem gesonderten Platz sitzen die jungen Leute und auch einige ältere Gläubige, die heute zur ersten heiligen Kommunion gehen. Feierlich zieht der Priester mit den Messdienern und den Katechisten zum Gottesdienst ein. Einzelne Teile der Liturgie werden vom Gesang des Chores begleitet. Die Leute kennen die Lieder auswendig, oft wird im Wechselgesang zwischen Chor und Gemeinde gesungen. Pater Bernhard predigt, er geht vor den Reihen der Zuhörer auf und ab, stellt Fragen, erhält Antworten, zustimmendes Gemurmel und auch Lachen. Heiter und entspannt wird Abendmahl gefeiert. Bis tief in die Nacht gehen nach der Messe die Gesänge des Chores und der Menge weiter.

Kreuzweg
Trotzdem ist am folgenden Morgen um sechs Uhr schon Leben im Dorf. Der Pater hat heißes Wasser besorgt für ein paar Tassen Nescafe, da wird ihm auch schon das Frühstück gebracht: gekochter Reis mit gedünstetem Kürbis. Während er noch seinen Kaffee trinkt, sind die Gläubigen schon mit ihren Gemeindeleitern unterwegs. 14 Kreuzwegstationen waren entlang des Weges durch kleine Holzkreuze markiert worden. Abwechselnd trägt jemand ein großes Holzkreuz von einer Station zur nächsten. Es sind meist Männer, Jugendliche und Kinder, die mit der Prozession gehen, niederknien, einer Lesung zuhören und beten. Die älteren Frauen sind im Camp und bereiten derweil das Essen für den Tag.
Am Karfreitag wird in der Nachmittagsliturgie ein Passionsspiel aufgeführt. Die Kostüme dafür sind aus Karton oder Zweigen und Blättern hergestellt. Doch die Aufführung ist von einer großen Intensität und die Gemeinde folgt dem Geschehen ruhig und aufmerksam. Nach dem Gottesdienst mit Kommunionempfang ist Stille im Camp, die ganze Nacht über.
Am Karsamstag ist schon etwas zu spüren von der Erwartung der Auferstehungsfeier in der Nacht. Noch sind Beichten zu hören, Chormitglieder und Musiker üben wieder miteinander.

Ostern: Ein Wendpunkt im Leben
Die Osternachtfeier ist für viele Campteilnehmer ein entscheidender Punkt in ihrem Leben. Sie werden in dieser Nacht getauft. 172 Erwachsenentaufen finden in der Osternacht statt. Es wird eine lange Nacht. Sechs Stunden dauert allein die Liturgie: Lesungen, Auferstehungsfeier, Wassersegnung, Taufen, Predigt, Fürbitten, Opfergang zur Gabenbereitung und Eucharistiefeier, Kommunion und Erstkommunion der Neugetauften. Nichts wird gekürzt, alles gehört zum wichtigen Erlebnis der Auferstehung. Nach Ende der liturgischen Feier hören Gesang und Feiern nicht auf, sondern gehen bis zum frühen Morgen.
In der Messe am Ostersonntag geben sich 17 Ehepaare das Jawort. Auch das wird alles noch sehr feierlich gemacht, mit der gehörigen Aufmerksamkeit und Teilnahme. Für Pater Bernhard waren es lange, arbeitsreiche Feiertage. Er ist müde und zufrieden, als er am Abend auf die Mission in Kasanka zurück­kommt. hbs

Foto oben: In der Osternacht, nach der Taufe der Neuchristen.
Foto unten: Predigt bei Sonnenuntergang.
Fotos: Schering

Osternacht Predigt